Schwangerschaftsübelkeit lindern - Ursachen, Tipps & Hilfe bei starker Übelkeit
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Schwangerschaftsübelkeit ist eines der häufigsten Symptome im ersten Trimester und betrifft laut aktuellen Studien etwa 70–90 % aller Schwangeren weltweit – bei rund 50 % ist sogar Erbrechen involviert. Die ersten Anzeichen treten meist zwischen der 5. und 6. Schwangerschaftswoche (SSW) auf und erreichen ihren Höhepunkt zwischen SSW 8 und 11. In den meisten Fällen klingen die Symptome gegen Ende des ersten Trimesters ab, jedoch leidet ein Teil der Schwangeren auch darüber hinaus oder sogar bis zur Geburt an Übelkeit.
Eine Studie von Liu et al. (2021) bestätigt, dass Schwangerschaftsübelkeit nicht nur physisch belastet, sondern auch die Lebensqualität und mentale Gesundheit erheblich beeinträchtigen kann. Dennoch gibt es zahlreiche mögliche Ursachen – und ebenso viele natürliche und medizinische Wege, die Beschwerden zu lindern.
Mögliche Ursachen für Schwangerschaftsübelkeit
Die genaue Ursache der Schwangerschaftsübelkeit ist noch nicht abschließend geklärt, allerdings existieren verschiedene Theorien, die durch Studien gestützt werden:
Hormonelle Veränderungen: Ein rascher Anstieg des hCG-Spiegels (humanes Choriongonadotropin) wird als Hauptauslöser vermutet. Der hCG-Spiegel steigt besonders in den ersten 12 Wochen stark an, wenn die Plazenta ausgebildet wird und die Hormonproduktion übernimmt.
Östrogen und Progesteron: Auch diese Hormone steigen in der Frühschwangerschaft an und beeinflussen unter anderem die Magen-Darm-Motilität sowie das Geruchs- und Geschmacksempfinden.
Aktive Plazentabildung: Die Plazenta beginnt in der Frühschwangerschaft mit der Produktion lebenswichtiger Hormone für die Schwangerschaftserhaltung. Dieser komplexe Umstellungsprozess kann den Stoffwechsel und das vegetative Nervensystem beeinträchtigen, was Übelkeit auslösen kann.
Genetische Veranlagung: Frauen, deren Mütter oder Schwestern betroffen waren, haben ein höheres Risiko, ebenfalls unter starker Übelkeit zu leiden.
Psychosomatische Faktoren: Stress, Schlafmangel oder Angst können die Wahrnehmung von Übelkeit verstärken oder auslösen. Auch Frühere Traumata oder Essstörungen können eine Rolle spielen.
Magen-Darm-Empfindlichkeit: Ein empfindlicher Magen, Reflux oder bakterielle Veränderungen im Darmmikrobiom könnten ebenfalls Einfluss haben.
Tipps gegen Übelkeit in der Schwangerschaft
Natürliche Hausmittel und Strategien
Ingwer: Zahlreiche Studien (z. B. Viljoen et al., 2021) belegen, dass Ingwer – als Tee, Kapsel oder Bonbon – wirksam gegen milde bis moderate Übelkeit ist. Er wirkt antiemetisch, also gegen Erbrechen, durch direkte Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt.
Kleine, häufige Mahlzeiten: Statt drei großer Mahlzeiten sind mehrere kleine Snacks über den Tag verteilt schonender für den Magen. Ideal: Trockene Snacks wie Cracker, Mandeln, Banane, Porridge.
Aufwachen mit Snack: Noch im Bett ein paar Cracker oder Mandeln essen hilft, den Blutzucker zu stabilisieren, bevor man aufsteht.
Vitamin B6 (Pyridoxin): Laut ACOG (American College of Obstetricians and Gynecologists, 2021) kann Vitamin B6 die Übelkeit deutlich reduzieren. Es ist an der Bildung von Neurotransmittern beteiligt, die Übelkeit regulieren.
Akupressur (P6-Punkt): Der Punkt "Nei-Kuan" am Handgelenk ist bekannt aus der TCM (Traditionelle Chniesische Medizin). Studien zeigen, dass konstante Druckreize über Armbänder die Symptome spürbar lindern können.
Vermeidung von Triggern: Intensive Gerüche (Parfums, Kühlschrank), heißes Essen, zu schnelles Essen oder fettige Speisen möglichst meiden.
Frische Luft & Bewegung: Sauerstoffzufuhr und ein leichter Kreislaufimpuls durch Spazierengehen können Übelkeit entgegenwirken. Auch kurzes Durchatmen am offenen Fenster hilft.
Aromatherapie: Zitronen- und Pfefferminzöl gelten als besonders hilfreich. Einige Studien zeigen, dass das Inhalieren ätherischer Öle Übelkeit signifikant verringern kann.
Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend trinken – aber in kleinen Schlucken, nicht auf einmal. Ideal sind Wasser mit Zitrone, Minze oder ungesüßter Tee.
Magnesium: Einige Hebammen berichten, dass Magnesium-Präparate Muskelentspannung fördern und so Magenkrämpfe oder Reizungen mindern können.
Pränatale Vitamine: Pränatale Multivitamine mit Eisen können laut Studien (z. B. Lee et al., 2020) bei empfindlichen Schwangeren die Übelkeit verstärken.
Tipp: Ein Nahrungsergänzungsmittel ohne Eisen (zumindest im ersten Trimester) kann hilfreich sein. Zudem wird empfohlen, pränatale Vitamine abends vor dem Schlafengehen einzunehmen, um die Verträglichkeit zu verbessern.

Medikamente (immer in Rücksprache mit Ärztin/ Arzt)
Doxylamin + Vitamin B6 (z. B. Cariban): Erste Wahl bei medikamentöser Behandlung. Gut untersucht, auch hinsichtlich Sicherheit in der Schwangerschaft.
Metoclopramid: Mögliche Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Unruhe.
Ondansetron: Bei schwerer Übelkeit, aber nicht First-Line-Therapie. Mögliche Risiken (z. B. für Herzfehlbildungen) werden diskutiert.
Disclaimer: Medikamente sollten nur in Absprache mit medizinischem Fachpersonal eingenommen werden. Achte besonders in der Stillzeit auf mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.
Wann solltest du ärztliche Hilfe suchen?
Auch wenn Übelkeit in der Schwangerschaft weit verbreitet ist, gibt es bestimmte Warnzeichen, bei denen du unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen solltest:
Häufiges, starkes Erbrechen (über 3x täglich)
Kein Essen oder Trinken möglich über 24 Stunden
Gewichtsverlust von mehr als 5 % des Körpergewichts
Anzeichen von Dehydrierung: Trockener Mund, dunkler Urin, Schwindel, schnelle Herzfrequenz
Blut im Erbrochenen oder starke Bauchschmerzen
Schwäche, Verwirrtheit oder Ohnmacht
Diese Symptome können auf Hyperemesis gravidarum oder andere ernsthafte Störungen hinweisen. Auch ein zu niedriger Blutdruck oder Elektrolytverschiebungen sollten medizinisch abgeklärt werden.
Hyperemesis gravidarum
Rund 0,3–2 % aller Schwangeren entwickeln die besonders schwere Form der Übelkeit: Hyperemesis gravidarum . Diese geht mit massivem Erbrechen, Gewichtsverlust, Elektrolytverschiebungen und Dehydrierung einher und erfordert oft stationäre Behandlung.
Studien (z. B. McParlin et al., 2021) betonen die Wichtigkeit früher Diagnostik und interdisziplinärer Therapie. Auch psychologische Unterstützung kann für Betroffene entlastend sein.
Übelkeit im dritten Trimester
Zwar ist Schwangerschaftsübelkeit typischerweise im ersten Trimester am stärksten, doch etwa 10–15 % der Schwangeren berichten auch im letzten Drittel erneut von Unwohlsein oder Übelkeit. Diese kann sich anders anfühlen als in der Frühschwangerschaft und hat meist andere Ursachen:
Hormonschwankungen gegen Ende der Schwangerschaft: Der Körper bereitet sich auf die Geburt vor, wodurch es zu erneuten Umstellungen kommt.
Wachsender Druck der Gebärmutter auf Magen & Darm: Der Platzmangel im Bauchraum führt zu Sodbrennen, Reflux oder verlangsamter Verdauung.
Schlechter Schlaf, Müdigkeit & Unruhe: Diese Faktoren können die Übelkeit verstärken.
Anzeichen für bevorstehende Geburt: Leichte Übelkeit kann ein Nebensymptom der hormonellen Aktivierung sein, die den Körper auf Wehen vorbereitet.
Tipp: Auch hier gelten die Hausmittel aus dem ersten Trimester als wirksam: kleine Mahlzeiten, milde Kräutertees, Bewegung und Stressvermeidung. Bei anhaltender oder stärker werdender Übelkeit sollte jedoch ärztlich abgeklärt werden, ob andere Ursachen (z. B. Schwangerschaftsvergiftung) vorliegen.

Weitere relevante Erkenntnisse aus der Forschung
Psychische Gesundheit: Studien betonen den Zusammenhang zwischen Übelkeit und depressiven Symptomen – daher ist emotionale Unterstützung besonders wichtig (Kim et al., 2021).
Frühzeitige Hilfe: Je früher Maßnahmen eingeleitet werden, desto besser sind Verlauf und Belastung für Betroffene.
Niedriger Blutdruck und Dehydrierung können Übelkeit verstärken und sollten ärztlich abgeklärt werden.
Fazit
Schwangerschaftsübelkeit betrifft viele – doch sie muss nicht einfach "durchgestanden" werden. Es gibt viele wirksame, sichere und studiengestützte Wege zur Linderung. Sprich mit deiner Ärztin oder Hebamme über deine Beschwerden, nimm dir Zeit für dich und hole dir rechtzeitig Hilfe, wenn es dir nicht gut geht.
Quellen
- Liu, J. et al. (2021). Emerging Progress in Nausea and Vomiting of Pregnancy and Hyperemesis Gravidarum. PMC
- Maltepe, C. et al. (2009). The effectiveness of discontinuing iron-containing prenatal multivitamins on reducing the severity of nausea and vomiting of pregnancy. PubMed
- National Institutes of Health, Office of Dietary Supplements. (2022). Vitamin B6 - Health Professional Fact Sheet. NIH ODS
- Viljoen, E. et al. (2014). A systematic review and meta-analysis of the effect and safety of ginger in the treatment of nausea and vomiting in pregnancy. PubMed
- Zhang, W. et al. (2024). Acupuncture for nausea and vomiting during pregnancy: A meta-analysis. ScienceDirect
- McParlin, C. et al. (2021). Hyperemesis Gravidarum. StatPearls Publishing. NCBI Bookshelf
- American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). (2018). Nausea and Vomiting of Pregnancy: Practice Bulletin No. 189. ACOG