Geburtswunschliste erstellen - selbstbestimmt und achtsam gebären
Eine Geburt ist nicht nur ein medizinischer Vorgang – sie ist ein Übergangsritual, eine Initiation, ein zutiefst körperlich-emotionales Erlebnis. Für viele Frauen ist sie eine der prägendsten Erfahrungen ihres Lebens. Und sie darf schön sein. Kraftvoll. Sicher. Und in Verbindung. Eine Geburt kann ein Moment der tiefen Selbstbegegnung sein, des Loslassens, des Wachsens – mit allen Sinnen, mit aller Intuition, mit deinem ganzen Körper.
Eine Geburtswunschliste , manchmal auch als Geburtsplan bezeichnet, ist kein starres Konzept. Sie ist eine Einladung. Eine Einladung an dein Geburtsteam, dich zu sehen, dich zu begleiten – so, wie du bist. Sie gibt Raum für deine Wünsche, deine Bedürfnisse, deine Grenzen. Sie kann dich stärken – selbst dann, wenn der Weg der Geburt sich anders entfaltet, als du es dir vorgestellt hast.
Wie du gebären möchtest, ist zutiefst individuell. Vielleicht in Stille, vielleicht mit Musik. Vielleicht mit deinem Partner, deiner Doula oder allein mit deiner Hebamme. Vielleicht im Wasser, in Bewegung, im Vertrauen. Vielleicht mit Pausen, mit Kraft, mit Angst, mit Mut. Alles ist willkommen.
Diese Wunschliste ist kein Drehbuch. Sie ist ein Kompass. Eine Erinnerung daran, dass du mitsprechen darfst. Dass du entscheiden darfst. Dass du gehört wirst.
Denn wie Ina May Gaskin schreibt:
„Wenn eine Frau nicht wie eine Göttin bei der Geburt aussieht, wird sie nicht richtig betreut.“
Warum eine Geburtswunschliste?
Ein schriftlicher Geburtsplan oder eine Geburtswunschliste…
stärkt deine Selbstwirksamkeit
verbessert die Kommunikation mit dem Geburtsteam
senkt nachweislich das Risiko für traumatische Geburtserfahrungen
kann Interventionen und Kaiserschnittraten senken (WHO, 2018; Cochrane, 2019)
Frauen, die ihre Geburt aktiv mitgestalten, berichten häufiger von einer positiven, selbstbestimmten Erfahrung – unabhängig davon, ob alles wie geplant verlief.
Du möchtest noch tiefer in das Thema eintauchen? Dann schau dir unseren Beitrag „Tipps für die Geburt“ an – mit vielen Anregungen aus Hypnobirthing, Orgasmic Birth & Studienwissen.
Sanft gebären: Was fördert eine positive Geburt?
Laut WHO, Hypnobirthing-Methoden und Studien aus der Geburtspsychologie gibt es mehrere Schlüsselfaktoren:
Geborgenheit & Sicherheit : Weniger Licht, vertraute Stimmen, eine ruhige Atmosphäre
Kontrolle & Mitbestimmung : Das Gefühl, Entscheidungen mittragen zu dürfen
Vertrauen & Unterstützung : Ein konstantes, empathisches Team (z. B. eine Doula)
Schmerzkompetenz : Wissen über natürliche Schmerzbewältigung (Atmung, Bewegung, Wasser)
Schutz der Intimsphäre : Weniger Personalwechsel, kein unnötiges Vaginal-Tasten
Achtsame Kommunikation : Sprache beeinflusst die Geburtserfahrung maßgeblich
Diese Prinzipien bilden die Basis vieler Hypnobirthing- und Orgasmic Birth-Ansätze – und spiegeln sich auch in „Ina May’s Guide to Childbirth“ wider.

Was darf auf deiner Geburtswunschliste stehen?
Hier sind einige Elemente, die du in deiner Geburtswunschliste berücksichtigen kannst. Nutze sie als Inspiration, nicht als „To-do“, weiter unten findest du einen Download-Link zur Vorlage einer Geburtswunschliste, mit der du deine ganz persönliche Geburtswünsche eintragen kannst:
1. Allgemeine Rahmenbedingungen
Gewünschter Geburtsort (z. B. Klinik, Geburtshaus, Hausgeburt)
Begleitpersonen (Partner*in, Doula, Freundin, Hebamme)
Sprache & Kommunikation: „Ich wünsche mir eine ruhige, bestärkende Kommunikation.“
Kleidung: Eigene Kleidung statt Klinikhemd?
Fotos / Videos: Ja oder Nein?
2. Ambiente
Licht (gedimmt, Kerzen, Salzkristalllampen?)
Musik / eigene Playlist
Geburtsaffirmationen an der Wand
Ätherische Öle / Vertraute Düfte
möglichst wenig Geräte-Geräusche
Türschild: „Bitte leise sprechen / Bitte nicht stören“
3. Wehenphase
Bewegungsfreiheit: Geburtsball, Hängen, Vierfüßler, Stehen
Zugang zu Badewanne oder Dusche
Schmerzmanagement: Hypnobirthing, Massagen, Wasser, Akupressur
Medikamente nur bei Bedarf und nach Aufklärung
kein standardmäßiger Venenzugang
kein routinemäßiges CTG, sondern intermittierendes Hören
möglichst keine Vaginaluntersuchungen oder nur mit Zustimmung
4. Geburtsphase
Geburtspositionen: freie Wahl (nicht Rückenlage)
kein forciertes Pressen, intuitive Atmung
keine Routine-Dammschnitte – Schutz durch warme Tücher, Dammmassage
Partner*in / Doula darf körperlich stützen
Spiegel auf Wunsch
keine lauten Ansagen wie „Jetzt pressen!“, sondern ruhige Begleitung
5. Nach der Geburt
Sofortiges Bonding : Haut-an-Haut-Kontakt
Spätes Abnabeln : erst nach dem Auspulsieren der Nabelschnur
ggf. Nabelschnur auspulsieren + Lotusgeburt oder Nabelschnur selbst durchtrennen
erste Untersuchung am Körper der Mutter oder während Bonding
Frühes Anlegen / Breast Crawl
keine Vitamin-K-Gabe oder andere Eingriffe ohne Zustimmung
Wunsch nach Placenta-Ritualen (z. B. Abdruck, Einfrieren, Einpflanzen)
6. Im Fall von Kaiserschnitt / Interventionen
sanfter Kaiserschnitt mit Sichtschutz, Bonding im OP
Wunsch, dass Partner*in im OP dabei ist
Musik im OP?
Gespräch & Aufklärung bei Abweichungen vom Plan
Haut-an-Haut-Kontakt so früh wie möglich
7. Nach der Geburt – Wochenbett & Umgang mit dem Baby
Raum für Ruhe & Privatsphäre
keine Besucher:innen ohne Rücksprache
Familienzimmer (wenn möglich)
Stillfreundliches Umfeld
keine Flaschenernährung ohne Absprache
Wunsch nach Wochenbettbegleitung (Hebamme, Stillberaterin etc.)
Bereitest du dich gerade auf das Wochenbett vor? Hier findest du unseren liebevoll gestalteten Beitrag mit praktischen Tipps und emotionaler Tiefe: „Tipps für das Wochenbett“
Kliniktasche packen?
Viele Wünsche auf deiner Liste lassen sich bereits durch eine gute Vorbereitung umsetzen. Wirf gern einen Blick auf unsere Kliniktaschen-Checkliste mit PDF zum Download – damit du genau das dabei hast, was dich stärkt.
Tipp: Halte deine Liste kurz & klar
Idealerweise passt deine Wunschliste auf eine DIN-A4-Seite. Nutze Bulletpoints, einfache Sprache und teile sie schon vor der Geburt mit deinem Team (z. B. in der 36.–38. SSW beim Geburtsgespräch).
Geburt darf schön sein – auch wenn sie anders verläuft
Dein Geburtsplan ist kein Vertrag, sondern eine liebevolle Einladung an alle Beteiligten, dich achtsam zu begleiten. Auch wenn sich die Geburt anders entwickelt, kann dein Plan helfen, das Vertrauen in dich und deinen Körper zu wahren.
„Wissen, Intuition und ein liebevoller Rahmen machen Geburt zu einem heilsamen Erlebnis – ganz gleich, wie sie verläuft.“ 💛

Häufige Missverständnisse über Geburtspläne
Mythos
„Ein Geburtsplan ist starr und macht Druck.“
„Ärzt:innen mögen keine Geburtspläne.“
„Man kann doch eh nichts planen.“
Realität
Ein guter Plan ist flexibel und kommuniziert Bedürfnisse.
Viele Teams sind dankbar für klare Orientierung.
Stimmt – aber du kannst mitgestalten.
Fazit
Eine Geburtswunschliste ist kein starres Dokument, sondern ein liebevoller Kompass für deine selbstbestimmte Geburt. Sie hilft dir, deine Wünsche klar zu formulieren, Ängste abzubauen und Vertrauen in dich und dein Geburtsteam zu stärken. Egal, wie die Geburt verläuft – mit Achtsamkeit, Wissen und Vorbereitung kann sie zu einer kraftvollen, positiven Erfahrung werden, die dich tief berührt und stärkt. Du darfst mitgestalten. Du darfst entscheiden. Du wirst gehört.